Rückzug

Am 27. Dezember griff die Fusilier Kompanie des II. Bataillon den Wald südlich Bodenaux an. Am folgendem Tag starten die Amerikaner nach intensivem Trommelfeuer um 01.00 Uhr einen Gegenangriff, Leutnant Sacher tritt mit Pionierzug zum Gegenangriff an und bis um 3.30 Uhr sind alle Geländeverluste aufgeholt. Für den abgewehrten Angriff erhalten wir als "Gegenleistung" von den Amerikanern heftigen Beschuss und Bombenabwurf. Bis zum 2. Januar 1945 können wir unsere Stellungen im großen und ganzen Halten, sind dabei jedoch immer wieder heftigem Artilleriebeschuss ausgesetzt.

Mit dem 3. Januar 1945 sind wir dem amerikanischem Großangriff ausgesetzt, Ferme, Noire, Fontaine und Reharmont gingen verloren. In Odrimont entbrannte ein Häuserkampf. Der Regimentsgefechtsstand befand sich im Schloss. Mit dem Angriff des nächsten Tages auf das Schloss sind wir gezwungen, den Gefechtsstand nun in das Gutshof ostwärts Arbre Fontaine zu verlegen und haben außerdem an diesem Tage erhebliche Ausfälle. Bis zum 5. Januar wird die HKL nach Arbre Fontaine - Wald bei Deprence - Couronne zurückgenommen. Am 6. Januar können wir die Stellungen noch halten. Leutnant Haase schießt mit Sturmgeschützen 3 Feindpanzer ab. Am 7. Januar erfolgte ein Großangriff auf Couronne - Thier du Mont, alles wurde zerschlagen. Drei von unseren Königstigern machen in Couronne einen Gegenstoß."

Der 3. Januar 1945 bedeutet für viele Grenadiere das Ende des Krieges. Wie hier in Basse - Bodenaux gehen überall Hundertschaften in alliierte Gefangenschaft. Zu sehen sind Angehörige des Grenadierregiments 164. Herbert Windhagen, damals Gefreiter in der Stabskompanie 190: "Mit der Gefangenschaft verloren wir nicht nur unsere Freiheit, sondern auch endlich unsere Angst noch während der letzten Kriegsmonate zu sterben.

The 3rd January 1945 means for many Grenadiers the end of the war. Like here in Basse - Bodenaux went hundreds everywhere in allied captivity. Here to see are members of grenadier regiment 164. Herbert Windhagen, at this time corporal in staff company 190: "With the captivity we lost not only our liberty, but also finite our fear to die in these last month of war."

Das Grenadier Regiment 164 stößt in Couronne wieder bis zur Salm durch, hält dort einen Brückenkopf und richtet den Gefechtsstand in Bech ein. Entlang der Salm lief auf westlicher Seite eine Straße, die zur Brücke bis Vielsalm führt, auf der nun der Rückzug unseres Armeekorps rollte. Mit gepanzerten Kampfgruppen rannten die Amerikaner gegen die Stellungen des Regimentes an. Die 14. Panzerjäger Kompanie hatte nur Ofenrohre und Panzerfäuste zur Abwehr. Unter der Führung des Kompaniechefs wurden die Angriffe abgeschlagen. Bis zum 15. Januar war man dazu auch erfolgreich in der Lage, doch als bei dem linkem Nachbar der Durchbruch gelingen konnte, zog sich das Gren.Regt.164 auf das östliche Ufer zurück und bezog auf den dortigen Steilhängen Stellung, und dass, obwohl es bereits zum Teil umgangen worden war und seit dem Nachmittag im Rücken angegriffen wurde, sperrte die Uferstraße noch bis in die Morgenstunden , dass die Amerikaner diese nicht nutzen konnten. Erst am 16. Januar 1945 befahl Oberst Jüttner den Stellungswechsel.


Der in Vielsalm gefallene Oberfeldwebel
Herbert Kisselmann.


Oben: In Winterspelt abgeschossener Shermanpanzer im Januar 1945.

Aus der (von mir ergänzten) Divisionsgeschichte

15. Januar 1945: Angriff bei 756 und 326 VGD aus Richtung Provendroux umfasste Salmchateau und Bech. 164 riegelte die Ortsränder von Bech ab. Das unterstellte FEB I unter Hauptmann Kluge wurde zersprengt. Neuville konnte durch FEB II (Boje) gehalten werden.
Abends wurden Regt. 164 und FEB II durch Teile 751 abgelöst und rückten anschließend nach Krumbach ab.
Ab 20. Januar 1945 verschoben die Reste der 62. VGD aus dem Sammelraum unter schwierigsten Witterungsverhältnissen, auf Straßen, die vom Schnee nicht geräumt waren, in den Raum Gmünd - Herhahn - Blumenthal - Sövenich. Sie traten dort unter das LXXIV. Armeekorps (Püchler). Die Artillerie traf mit den letzten Teilen bis zum 27. Januar dort ein. Kommandeur des Grenadierregiment 190 wurde Oberstleutnant Jenne.

Oberstleutnant Oswald Jenne kommandierte zuvor das II. Bataillon des Grenadierregiments 190 und hatte sich mit diesem bereits verdient gemacht während der Ardennenoffensive beim Kampf um Saint Vith


Durch Zuführung von etwa 800 Mann Ersatz, die zum Teil sehr schlecht ausgebildet waren, und Rückgriff auf die Führerreserve in den FEB I und II bestand jetzt durchaus wieder die Möglichkeit wieder eine einigermaßen brauchbare Truppe aufzubauen ... wenn dazu die nötige Zeit gelassen wurde.
Material war für eine beschränkte Truppenstärke vorhanden; Munition war ausreichend. Es fehlte viel Nachrichtengerät, hauptsächlich Kabel. Ebenso Sturmgeschütze ... und Mannschaften.
Die Stimmung bei der seit 16.12.1944 stark verbrauchten Truppe war trotz der schweren Angriffs- und Abwehrkämpfe bedingt durch die erzielten Erfolge noch gut; eine Pause von 10 - 14 Tagen war aber einmal notwendig.
Es gab aber am 22. Januar bereits wieder eine neue Aufgabe:
"62. VGD löst beschleunigt die im Abschnitt Simmerath - Forst Monschaubefindlichen letzten Teile der 346. Division und die verschiedenen Korps - und Armeeeinheiten, welche die Stellungen der bereits im Abmarsch befindlichen 346. Division besetzt halten, heraus."
Der kommandierende General des LXXIV. Korps (Püchler) machte bei den höheren Dienststellen auf Grund der Meldungen der 62. VGD auf den gegenwärtigen geringen Kampfwert der Truppe aufmerksam. Es war in dieser Frage zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten des Div.Kdr. und des Kommandeurs 190 (Jenne) mit dem kommandierenden General gekommen.
Zunächst wurde mit dem Wiederaufbau von 164 und 190 begonnen. Beide Regimenter waren nicht einmal als Improvisation anzusprechen; 183 lag als Rahmengebilde im SW-Teil von Gmünd.
Die zu übernehmenden Stellungen waren zwischen den Westwallbunkern schlecht ausgebaut und zugeschneit. Die Artillerie hatte in diesem Mittelgebirge denkbar ungünstige Verhältnisse angetroffen. Die Wege in die Stellungen der Infanterie und der Artillerie waren vereist und vermurt; sie lagen stellenweise unter starkem Artillerie- und Granatwerferfeuer.
Schwerpunkt für die Abwehr lag im rechten Abschnitt bei 164, einmal wegen der voraussichtlichen Angriffsrichtung des Gegners, der den südlich liegenden Wald bei Rohren - hier 190 - voraussichtlich aussparte. Das anderemal, weil beim rechten Nachbarn (272. VGD) der Westwall bereits verloren, und von dieser Seite her eine Umfassung der Division zu erwarten war. Dementsprechend erfolgte der Artillerieeinsatz mit zwei leichten und der schweren Abteilung zur Unterstützung 164, und einer leichten Abteilung zur Unterstützung von 190. Am 23./24. Januar löste 164 im Abschnitt Simmerath - Konzen (hier Gefechtsvorposten des Regt. 689) ab. Frontbreite 2,5 Km. Ein feindlicher Spähtrupp konnte am Morgen des 24. gefangen werden.
25. Januar: Die 62. VGD üernahme das Kommando. Das feindliche Feuer war zunächst sehr schwach, es gab aber an verschiedenen Engen, die nicht zu Umgehen waren, bereits die ersten Ausfälle an Menschen und Pferden. Die Division hatte eine Westwallstellung zu besetzen, deren rechter Flügelbunker durch Sprengung nicht zu benutzen war. Diesen hatte der Feind am 26. Januar morgens besetzt.
26. Januar: Gegen die Stellungen der Division liefen während des Tages 6 Spähtruppunternehmen der Amerikaner, bei welchen Gefangene gemacht werden konnten. Eine neue feindliche Division wurde festgestellt, die eingeschoben worden war, was auf baldigen Angriff schließen ließ. Für den Abend war ein Unternehmen zur Rückgewinnung der verlorenen Bunkertrümmer vorgesehen; kurz vor Beginn meldete Oberst Jüttner: "Alles in Ordnung, Feind verschwunden. Von 164 fehlt ein Mann der früheren Besatzung der Bunkerstelle." Die befohlene Meldung über den Verlust eines Westwallbunkers nach oben war unterblieben; es hätte nur unnötige Unruhe verursacht. Der Vorschlag, die Artillerie mehr nach der Tiefe zu gliedern, wurde vom kommandierenden General nicht genehmigt. Im rückwärtigen Gebiet der Division ging ein Volksartillerie Korps mit russischen 10,2 und 15,2 cm Geschützen in Stellung. In der Nähe des Divisionsgefechtsstandes Einruhr waren drei 42cm Mörser mit viel Munition in Stellung; sie durften aber nur mit Genehmigung des OKW feuern. Durch Gefangenenaussagen und Beobachtung der Artillerie wurde am Ostrand des Hohen Venn gegenüber Konzen eine feindliche Befehlsstelle festgestellt, welche die Divisionsartillerie unter zusammengefasstes Feuer nahm. Die Wirkung muss groß gewesen sein, denn die Feindseite war daraufhin auffallend ruhig, viele Sankas wurden beobachtet. In der folgenden Nacht wurde der Divisionsgefechtsstand durch gut sitzendes, aus der Nordflanke kommendes Feuer eines schweren Flachbahngeschützes eingedeckt. Ein Mann der Kartenstelle fiel dem zum Opfer, alle Drahtleitungen waren zerstört; der Ia lag unter den Trümmern eines Hauses.
26./27. Januar: Regt. 190 übernahm die Stellungen im westlichen Monschauer Forst bis Rohren. Die Artillerie hatte unter größten Schwierigkeiten die Stellungen der Vorgänger bezogen. Bei der III. Abteilung waren seit Beginn der Offensive 90 Pferde durch Jabos und 70 durch Erschöpfung ausgefallen. Die IV. Abteilung hatte einen Fehlbestand an 90 Pferden.
I. Abteilung stand mit drei Batterien hart nördlich Hammer,
II.Abteilung südlich Hammer, bei Forsthaus "Rotes Kreuz",
III.Abteilung nördlich und westlich Hammer,
IV. Abteilung mit Teilen im Wald zwischen Rauchenauel und Dedenborn, Rest bleib wegen fehlender Bespannung bei Herhahn.
183 war noch nicht Einsatzbereit und verblieb bei Gmünd.
27. Januar: Der bisherige Divisionskommandeur wurde durch einen Befehl des OKH zu einer anderweitigen Verwendung abberufen, ein Nachfolger war noch nicht eingetroffen. Nach Erledigung der dringensten Arbeiten meldete sich Generalmajor Kittel beim kommandierenden General ab, wobei er nochmals seine Beurteilung der Lage vortrug und auf die Gefährdung der Divisionsartillerie bei einem Einbruch des Feindes beim rechten Nachbarn hinwies.
Am Nachmittag übernahm Oberst Martin (?) die Führung.
Vom 27. bis 29. Januar schoss sich die feindliche Artillerie in unauffälliger Weise ein und es war nicht überraschend, als am 30. Januar nach starker Feuerbereitung in den Morgenstunden der feindliche Großangriff einsetzte. Die HKL konnte zunächst gehalten werden. Ein tiefer Einbruch im Laufe des Vormittags beim rechten Nachbarn (272. VGD) zog das anschließende II./164 südwestlich Simmerath stark in Mitleidenschaft. Am Abend war Eicherscheidt verloren. Kanoniere der I. und III./A.R. 162 brachten nach dem Verschuß der Granaten den Feind nordwestlich Hammer mit Gewehrfeuer zum Stehen. Hier wurden 10 Gefangene eingebracht.
Das Artillerieregiment hatte die Abwehr, besonders vor 190 mit Erfolg unterstützt: als VB hatten sich Lt. Wagner, Lt. Höfer und Lt. Hackl (fiel dabei verwundet in Gefangenschaft) besonders hervorgetan.
190 hatte Rohre verloren. Die Umfassung der Division von Norden her zeichnete sich ab. An diesem Tag wurde bekannt, dass die Russen das oberschlesische Industriegebiet besetzt hatten.

Ergänzend hierzu Jüttners persönliche Aufzeichnungen

16.1.1945
Regt. 164 jetzt in Kronbach. Ich fuhr zum Divisionsgefechtsstand nach Ellverath.

17.1.1945
Regt. 164 in Kapscheid. Gefallenen - Benachrichtigungen. 

18.1.1945
Keine Angaben

19.1.1945
Regimentsstab in Hollerath, Reiferscheidt, II. Btl. führt jetzt Hauptmann Potyga.

20.l.1945
Regimentsstab in Scheuren, I. Btl. in Abshausen. 

21.1.1945
I. Btl. kämpft bei Herhahn, II. Btl. bei Einruhr. Vorkommando Gren.Regt. 589 meldet sich bei uns, sollten uns ablösen. Ein Marschbataillon mit Soldaten ohne Waffen traf ein.

22.1.1945 
Waffen trafen ein, ebenso am 23.1.

23.1.1945
Wir lösen nachts Gren.Regt. 689 ab. Oblt. Runge, der sich im Juni, Juli, August 1944 mit mir von Bobruisk bis Augustowo zu den deutschen Linien 6 Wochen lang durchgeschlagen hatte, traf ein, übernahm das I. Bataillon.



Hauptmann Fritz Runge,
Kampfkommandant von Gemünd, durch Minenunglück im Februar 1945 schwer verletzt.


24.1.1945
Erster Tag in neuer Stellung, ein Stoßtrupp aus Elsässern wurde gefangen genommen.

25.l.1945
Unsere Stellung hatte 2,5 km Länge / Breite. 

26.l.1945
Feindlichen Stoßtrupp abgewehrt. Wir erkannten die schlechte Lage unserer Stellung.

29.1.1945
2 Tage lang feindliche Bereitstellung beobachtet. 

30.1.1945
Großangriff durch US - Truppen, I./183 und II./164 mußten bis Röhrmund und Eicherscheid zurück, die anderen Stellungen wurden gehalten, 10 Gefangene eingebracht; 
Führerrede, wir erfuhren, daß Oberschlesien von russischen Truppen eingenommen worden ist, große Sorgen um unsere Familien.

31.1.1945
Gegenangriff vorbereitet, aber nicht nötig, um 3.00 Uhr erhielten wir Befehl zum Absetzen, I. Bataillon ostwärts Widdau beinahe abgeschnitten, Riegelstellung im Schnee, das Regt. bei Widdau und Erkennsruhr. 

1.2.1945
Unveränderte Lage. 

2.2.1945
Feindlicher Einbruch bei Försterei Hodenbronn, Finkenauel, Hirschroth, Regiment am Giersberg.

3.2.1945
Stellung gehalten gegen Angriff vom US Inf.Regt. 47; wir sind der 272. Inf.Div. unterstellt. Panzereinbruch. Division lag schon jenseits der Urft - Talsperre. Telefonische Verbindungen bestanden noch. Fahrzeuge sollten nach Sauermühle, aber Feind bereits bei Herhahn, Straße war dadurch gesperrt, Fahrzeuge kamen nicht durch. Wir kletterten über die beschädigte Mauer der Urft - Talsperre. Neuer Einsatz bei Gemünd. Drüben stand die 3. Panzergrenadier Division unter General Denker.

Kampf um Dreiborn



Forsthaus Wahlerscheid am 2. Februar 1945: Gefangene der Regimenter 183 und 164 werden bewacht durch
US-Infanteristen der 2nd Infantry Division, der so genannten "Indian Head" Division.


Gefangenenlager bei Hofen, Infanteristen des 23rd Infantry Regiment passieren am 2. Februar 1945 ein
Gefangenenlager, in dem sich nun deutsche Gefangene befinden. Zuvor war dieses ein Lager für alliierte Soldaten.


Entlang der Route Hofen in Richtung Wahlerscheid marschieren Infanteristen durch das Frontgebiet des
Grenadierregimentes 183 vor bei an dem Körper eines gefallenen deutschen Soldaten.

4./5.2.1945
Unsere Gefechtsposten wurden zurückgedrückt. 

12.2.1945
Urft - Talsperre führte Hochwasser. Major Wittmann, Ia der 62. VGD erscheint - Oberst Kittel zum General befördert, erhält Ritterkreuz, und bespricht das Herausziehen der 62. Division. Die Infanterie sollte aber am Feind bleiben, alle Teile werden mir unterstellt. Regts.-Kdr. 190, Oberstlt. Franke verwundet, Regts.-Kdr. 183 Major Duve gefallen. Wir wurden der 3. Panzergrenadier Division unter General Denker unterstellt und im "Westwall", der nur noch andeutungsweise bestand, eingesetzt, zwischen Gemünd und Schleiden. Hptm. Runge wurde Kampfkommandant im Ort Gemünd, das, wie jetzt üblich, selbstverständlich bis zum letzten Mann verteidigt werden sollte.

14.2.1945
Oblt. Mühlhauser meldet sich zurück. 120 Mann Ersatz sind eingetroffen. Die Kampfbunker des Westwalls waren eine sichere Unterkunft, aber der Kampf mußte außerhalb geführt werden, wir konnten sonst in einem Bunker ausgeräuchert werden. Zwei Soldaten wurden am Bunkereingang durch Granatwerfersplitter verwundet. Major Hübner, der IIa der 62. VGD besuchte uns, ebenso General Denker von der 3. Panzergrenadier Div., blieb lange. Mein Adjutant, Oblt. Schwerdt war ganz lustig.

15.2.1945
Unterarzt Dr. Lukoczowitz kam von Breslau zurück und erzählte von dem Flüchtlingselend in Schlesien bei 20° Kälte, nichts war organisiert. 

16.2.1945
Mit Runge in Gemünd Stellungen abgegangen, Feuerüberfall auf dem Rückweg, aber nichts passiert. Am Lieberg liefen einige Soldaten zu den Amerikanern über.

18.2.1945
Telegramm von meiner Frau: In Halle gut angelangt, aber erkrankt, mußte in ein Krankenhaus in Halle. Runge lief in Gemünd auf eine deutsche Mine, linker Unterschenkel abgerissen. Ich sorgte für schnellen Abtransport.

19.2.1945
Neuen Bataillon- und Festungskommandanten in Gemünd eingewiesen. General Denker wieder zu Besuch bei uns. Ich zeigte ihm meine Telegramme.

21.2.1945
In Westwall - Stellungen neue Sperren angelegt. 

23.2.1945
General Denker kam mit Telegramm, das den Tod meiner Frau anzeigte. Ich erhielt Urlaub. Meine Vertretung hatte er gleich mitgebracht

Karte zum Rückzugkampf

 

Letzter Gefechtsstand auf dem linken Rheinufer

Der Oberleutnant Dieter Hanke, damals 1. Ordonanzoffizier im Generalstab der 62. VGD weis aus seinem Tagebuch zu berichten: "In einem schönen alten Bürgerhaus in der Poppelsdorfer Allee bezog die nur noch aus wenigen Mann bestehende Führungsstaffel der Division am 24. Februar 1945 den letzten Gefechtsstand auf dem linken Rheinufer. Die Nachrichtenabteilung wurde in der Nähe, im Keller des Bürgervereins untergebracht.

Der 1. Generalstabsoffizier (Ia) war nur noch selten auf seinem Gefechtsstand. Er war vorn bei der kämpfenden Truppe. Immer wieder gelang es ihm, Gruppen zusammenzustellen, die den Gegner noch aufhalten konnten. Diese erbitterte, aber geschickte Kampfweise war richtig: der Gegner rückte, wenn er einen örtlichen Erfolg errungen hatte, nur nach und nahm den Angriff erst dann wieder auf, wenn er seine Panzer neu formiert und die Artillerie nachgezogen hatte.

Wenige Kompanien - wenn auch stark dezimiert - waren noch insgesamt wirkungsvoll einzusetzen. Aber die Division verfügte noch über Geschütze und Panzerabwehrwaffen, die praktisch als "Korsettstangen" unmittelbar hinter dem Infanterieschleier in Stellung gebracht werden konnten.

In Bonn selbst war es verhältnismäßig ruhig, bis auf die ständig in der Luft befindlichen Aufklärungsflugzeuge des Gegners.

Gegen Mittag meldete sich der Kommandeur des Grenadierregiments 164 bei der Division ab. Er hatte einen kurzen Urlaub erhalten, um seine Frau, die unter äußerst tragischen Umständen plötzlich verstorben war, zu beerdigen. Auf der Rückreise hatte er im Personalamt des Heeres vorzusprechen. Wer konnte ihn ersetzen ? Er glaubte nicht mehr an eine Möglichkeit, den Gegner am Rheinübergang zu hindern. Vielmehr gehe es darum, die Soldaten dieser Division zusammenzuhalten. Auch war es nach seiner Ansicht sinnlos, die Reste einer Stadt wie Bonn und das erhalten gebliebene Godesberg dem Schicksal, das Aachen erlitten hatte, preiszugeben. Der anwesende Divisionsadjutant (IIa), ebenfalls Schlesier und einer von den vielen, die sich freiwillig zur Division gemeldet hatten, versprach, in diesem Sinne zu handeln.

Dies war aber leichter gesagt als getan. Die Division war im Einsatz, und es war in kürzester Zeit ein neuer Befehl des vorgesetzten LVIII. Panzerkorps (General Botsch) zu erwarten, nach dem die 62. Division Bonn zu verteidigen habe. Die Stadt war imn Januar 1945 zur Festung erklärt worden.

Im letzten vorliegenden Befehl eben dieses Korps hieß es am Schluß, dass keine Waffen, Panzer, Geschütze, Fliegerabwehrwaffen etc. in Feindeshand fallen dürften: reparaturbedürftige Waffen aller Art seien auf das rechte Rheinufer zu verbringen. Da kam dem Divisionsadjutanten eine "Idee".

Es galt, so schnell wie möglich alle noch verfügbaren Teile der Division über den Rhein zu bringen, ehe der Befehl eintraf, der die Division entgültig in der "Festung" Bonn festhielt, wo sie mit der Stadt ihrer sicheren Vernichtung entgegen sehen würde. Aber so einfach war das nicht ! Vor allem durfte die Rheinbrücke nicht gesprengt werden. Sofort wurde ein Pionierkommando zur Brücke entsadt, und es kam zu ernsthaften Auseinandersetzungen mit divisionsfremden Feldgendarmen, die dort Wache halten sollten.

Für die Sicherheit im rückwärtigen Gebiet und damit auch für die Brücken waren die Gauleiter in ihrer Eigenschaft als "Reichsverteidigungskommisare" zuständig. Da diese jedoch über keine Truppe verfügten, ordneten sie ihre Zuständigkeit der Wehrmacht unter. Bei dem schnellen Wechsel der Truppen war die Zuordnung organisatorisch nicht mehr möglich, weshalb die Heeresgruppe B den "Höheren Pionierstab" eingerichtet hatte. Da dieser aber auch keine Truppe hatte, wurden Brücken und Fähren den jeweiligen örtlichen Platzkommandanten unterstellt. Das Chaos in der Befehls- und Kommandoführung war perfekt. So war die Bonner Brücke bereits mit Sprengladungen versehen, die von Feldgendarmen des Festungskommandanten von Bonn "bewacht" wurden. Dieser hatte Weisung des Gauleiters, die Brücke "bei Gefahr" sprengen zu lassen. Das konnte er aber nicht, weil er ein Stab ohne Truppe war. Es bedurfte einiger Überzeugungskraft des 2. Ordonnanzoffizier (O2), die Feldgendarmen zum Abzug zu bewegen und Brückenschutz und Fährbetrieb der 62. Division zu überlassen. Das erleichterte den Plan des IIa, der sich in voller Übereinstimmung mit dem Ia und den weiteren Offizieren befand, wesentlich.

25. Februar: Gegen 9.30 Uhr Panzeralarm. Drei US - Panzer stossen aus Richtung Ludendorf, Alfter bis Endenich vor. Zwei werden von den Panzerjägern abgeschossen, einer kehrt um. Generalmajor von Bothmer - seit Januar 1945 Festungskommandant in Bonn - befiehlt die totale Evakierung der Bonner Zivilbevölkerung. Die 62. Division stellt für den Abtransport kranker und alter Bürger, Frauen und Kinder Lastkraftwagen zur Verfügung. Mit Lautsprechern werden Sammelplätze angewiesen. Gegen 16.00 Uhr erschein Gauleiter Grohé auf dem Gefechtsstand, läst sich in die Lage einweisen und erfährt von General von Bothmer, dass die Spitzen der Partei Bonn und Godesberg bereits verlassen haben. Der Parteiführer ist darüber nicht begeistert und eilt zur Rheinbrücke.

Gerade in diesem Augenblick gehen drei Artillerieüberfälle etwa 500 m vom westlichen Rheinufer nieder. Sie schaden der Brücke jedoch nicht. Obwohl die schweren Luftangriffe vom Oktober und Dezember 1944 sowie im Januar 1945 Bonn und seine Bürger erheblich in Mitleidenschaft gezogen hatten, kümmert sich um die Evakuierung kaum jemand. Die Bürger blieben - wie in Aachen - in ihrer Stadt. Generalmajor von Bothmer, ein sympathischer, besonnener Offizier, "befehligt" in der Festung Bonn ein Infanterie - "Regiment", das aus einer Handvoll älterer Offiziere und Unteroffiziere aller Waffengattungen besteht und als Soldaten jüngste Rekruten hat. Ein paar Flakgeschütze, überwiegend mit Hitlerjugend als Bedienungspersonal, sind auf den Höhenzügen westlich Bonn - auf dem Hardtberg, dem Venusberg und Kreuzberg eingesetzt. Dazu kommen zwei Kompanien Bonner Schutzpolizei, über die Stadt verteilt, sowie ein Zug älterer Feldgendarmen.

Auf dem Divisionsgefechtsstand ist eine Meldung über 8 eingebrachte Gefangene der 9. US. Infanterie Division eingegangen, dazu mehrere Anfragen von Kommandeuren nach der Feldpost. Der 2. Ordonannzoffizier wird zum Korps geschickt, um nachzufragen, kommt in der Nacht aber unverrichteter Dinge zurück.

26. Februar: Es wird der Divisionsführung klar, dass sich der Gegner nach den für die amerikanische Truppe ungewohnt hohen Verlusten neu formiert, um den Stoß zum Rhein energisch und endgültig zu führen. Es bleibt also etwas Zeit. Die Division, mit deren Führung vorrübergehend ein ihr unbekannter Oberst Heitmann beauftragt ist, so zum Kommandeur der 3. Fallschirmjäger Division, Generals Schimpf, in Bad Godesberg auf seinem Gefechtsstand im Rheinhotel Dreesen.

Eine Erleichterung ist das an diesem Tag eingehende Urteil über den Kommandeur des Artillerieregiments, das nach einem Sonsder - Kriegsgerichts - Verfahren ausgesprochen worden war. Die militärische Notwendigkeit, totz härtestem Einsatz den Raum um Vogelsang aufzugeben, führte zum Verlust der Ordensburg. Das erschien der Parteiführung - schon aus Gründen der Propaganda - als absolute Unmöglichkeit, und es wurde sofort Verrat gewittert. Zwie Generale und eben der Artilleriekommandeur, Major Giersber, mußten sich gnadenlosen Verhören unterziehen, bis der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe B, Generalfeldmarschall Model, der die näheren Umstände besser als die Parteirichter kannte, eingriff. Die Offiziere wurden freigesprochen.

Die Stadt Bonn - auch Godesberg - gleichen in diesen Tagen einer Mischung aus Front und Etappe, dazwischen die verbliebene Zivilbevölkerung. Die Krankenhäuser und zu Lazaretten eingerichteten Schulen sind völlig überlegt. Besuche dort sind beklemmend und hinterlassen zu Herzen gehende Trauer, aber auch stille Wut. Die Ärzte - oft recht alte Herren - und das überforderte Pflegepersonal leisten Tag und Nacht Übermenschliches. Die Überfüllten Krankensäle, in denen sich auch viele Soldaten der Division befinden, bestärken nur die Absicht, diese armen und gequälten Menschen nicht mehr weiteren Kampfhandlungen auszusetzen.

Wo mit Material und Verpflegung geholfen werden kann, läßt die Division ständig Lastkraftwagen mit erbeutetem Gut hinfahren. Große Sorge machen die Staus vor der Brücke und der kaum zu kontrolierende Fährbetrieb. Hier wird ausgezeichnete Organisationsarbeit, auch am anderen Ufer, geleistet.

27. Februar: Die Zeit nutzt der Divisionsadjutant, eingedenk der Worte des Regimentskommandeurs Jüttner. Er peitscht über Brücke und Fähre alles nur irgendwie Entbehrliche an Menschen und Material, Teile des Divisionsstabes, der Nachrichtenabteilung, Teile der Pioniere, Geschütze, Artillerie. Sammelpunkt der Division: Raum Ittenbach.

 

Zur Rheinübersetzung können Oblt. Johannes Baczewski und Leutnant Paul Cieplik ausführlich berichten

Oberleutnant Joannes Baczewski;
letzter Führer des FEB 162

Leutnant Paul Cieplik;
Fährkommandant in Königswinter

Major Heinz Hübner:
IIa im Generalsstab der Division

Johannes Baczewski: "In Heimerzheim erhielt ich durch Major Hübner den Befehl, auf dem Marschwege den Raum Bonn - Bad Godesberg zu erreichen und einen Offizier sowie Unteroffiziere abzustellen. Diese waren für den Aufbau eines "Auffangriegel" östlich des Rheins verantwortlich. Es ging darum alle zurückflutenden Soldaten fremder und eigener Einheiten aufzunehmen und dem FEB 162 zuzuführen. Ich sollte auch einen Fährkommandanten benennen, der den Ablauf der Übersetzung und den Fährbetrieb regeln sollte. Für diese beiden Funktionen nannte ich der Division den Leutnant Paul Cieplik. Er war nach meiner Meinung am besten für diese Aufgabe geeignet. Umgehend kam die Bestätigung und Leutnant Cieplik erhielt für diese Aufgabe den entsprechenden Ausweis von der Divisionsführung.

Beim Ausmarsch aus Heimerzheim in den Raum Bonn führte Paul Cieplik die Bataillonsspitze, da er den Weg nach vorheriger Erkundung ziemlich genau kannte und schon die Beschlagnahme der Privatfähren in Bad Godesberg eingeleitet hatte. Während des Marsches zum Rhein erhielt ich durch Major Hübner den Befehl, das Marschtempo zu beschleunigen. Der Befehl lautete für das Bataillon, nach Übersetzung über den Rhein Stellungen am Ostufer des Rheins im zugewiesenen Divisionsabschnitt zu beziehen. Es war mir nicht bekannt, warum wir den Marsch beschleunigen sollten, aber Befehl war Befehl und ich gab ihn durch Kradmelder an das Vorkommando unter Leutnant Cieplik weiter. Dieser fand gleich mehrere Abkürzungen, so das wir schneller am Rheinufer ankamen und sofort mit dem Übersetzen beginnen konnten. Mit tatkräftiger Unterstützung von Leutnant Paul Cieplik konnte das Bataillon unbeschadet den Rhein bei Bonn überqueren. An der Anlegestelle postierte Paul Cieplik Kontrollposten bestehend aus Feldwebeln, die fremde Einheiten erfaßten und dem FEB 162 zur Eingliederung übergaben.

Später erfuhr ich, dass die Beschleunigung des Marsches zum Rheinübergang und Ausführung des Korps - Befehls zur Besetzung der Stellung auf dem Ostufer des Rheins dadurch bedingt war, dass eine Ernennung von Oberst Jüttner zum Kampfkommandanten von Bonn in Erwägung gezogen wurde. Zu dieser Ernennung kam es glücklicherweise nicht mehr. Wenn Oberst Jüttner zum Kommandanten von Bonn ernannt worden wäre, dann hätte die 62. VGD in Bonn noch Stellung beziehen und man hätte demgemäß noch hohe Verluste hinnehmen müssen. Um diesem vorzubeugen, wurde durch Major Hübner die sofortige und beschleunigte Durchführung des Korps - Befehls angeordnet."

Hierzu Paul Cieplik: "...Unsere damaligen Handlungen wurden stark von Verantwortung und Gewissen beeinflußt. Sie waren nicht immer mit den gegebenen Befehlen in Einklang zu bringen, wenn es darauf ankam, Menschenleben zu retten. Man kann das nur Verstehen, wenn man das Drama der letzten Wochen hautnah miterlebt hat... Wir kamen aus Richtung Heimerzheim... auf die Hardthöhe. Von hier führte ich das FEB auf Schleichwegen zur Fähre nach Königswinter... In den frühen Morgenstunden setzten wir über den Rhein. Von Königswinter ging es im Eilmarsch in den Raum Margaretenhöhe. Seit dem 1.3.1945 war ich damit beschäftigt, das FEB mit Versprengten, Verlaufenen und sonstigen Soldaten aufzufüllen..." Darauf antwortete Oberst Artur Jüttner: "... Anfang März 1945 haben Sie richtig gehandelt und Menschen gerettet. Sie hatten eine bessere Übersicht als die hohe Führung mit den Durchhaltebefehlen... Auch für Hübner gab es damals einen Widerstreit zwischen Befehl und Gehorsam. Auch unsere Aktion mit dem Schweizer Konsul... war durch unser Bemühen um Schonung von Menschenleben diktiert. Verantworten mußte ich alles..."